Gemeindenachricht

Gemeinderat Hirrlingen zu Besuch in Hajós


In Hajos fanden am vergangenen Samstag die Feierlichkeiten zum 10. Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte an Hajos im Jahr 2008 statt. Dieses Ereignis wurde im Rahmen einer feierlichen Ratssitzung im Saal des Hajoser Barockschlosses unter Anwesenheit von Abordnungen der vier Partnergemeinden Hirrlingen, Lengenfeld (Niederösterreich), Minerbio (Italien) und Nagymacsed (Slowakei) sowie des Abgeordneten für Hajos im ungarischen Parlament gewürdigt. Bürgermeisterin Erszebet Mihalyne Szalczer ehrte im Rahmen der Sitzung auch verschiedene Personen und Gruppen für ihre Verdienste um die Stadt Hajos. Die Feier wurde von einer Musikgruppe der deutschen Minderheit in ihren wunderschönen Trachten mit traditionellem donauschwäbsichem Liedgut würdig umrahmt.
 
Am Tag zuvor erfuhr die Hirrlinger Delegation im Rahmen einer Führung mit Weinprobe viel Wissenswertes über das Hajoser Kellerdorf und den Weinbau in Hajos. Das Kellerdorf liegt etwas außerhalb der Stadt und ist mit seinen ca. 1200 Weinkellern das größte seiner Art in Europa. Erzbischof Csáky von Kalocsa verpflichtete im 18. Jahrhundert schon die ersten deutschen Kolonisten in Hajos zum Weinanbau, wobei ihm der Zehnte des Ertrags zukam.
 
Am Freitagabend waren die Delegationen der Partnergemeinden von Hajos zu einem feierlichen Abendessen geladen. Im Rahmen einer Ansprache würdigte Bürgermeister Christoph Wild die Beständigkeit der Beziehungen zwischen den Gemeinden auf kommunalpolitischer Ebene, aber auch auf Vereinsebene in den Bereichen der Kultur, der Musik und des Sports. Er betonte auch die politische Dimension der Verbindung zwischen Hajos und Hirrlingen, die bei ihrer offziellen Begründung im Jahr 1982 die erste Gemeindepartnerschaft einer westdeutschen und einer ungarischen Gemeinde überhaupt gewesen sei. Damals hätten Hajoser und Hirrlinger Bürger mit viel Engagement, Mut und Menschlichkeit den Eisernen Vorhang, der Europa trennte, schon einen Spalt weit geöffnet. Niemand habe damals ahnen können, dass schon im Jahr 1989 die Trennung Europas und Deutschlands beendet sein würde und dass vor allem Ungarn seine Westgrenze als erstes osteuropäisches Land für die Flüchtlinge aus der damaligen DDR öffnen würde. Diese Solidarität und Hilfe Ungarns im Jahr 1989 verbinde Deutschland und Ungarn auf besondere Weise. Er betonte, dass Partnerschaften auf kommunaler Ebene einen großen Beitrag zur Förderung der europäischen Idee von Frieden und Freiheit leisten.
 
Am Samstag wurden gemeinsam kommunale Einrichtungen der Stadt Hajos wie Schule und Kindergarten besichtigt. In diesem Rahmen erfolgte ein sehr intensiver Gedankenaustausch über kommunalpolitische Fragestellungen in den Ländern der Partnergemeinden. Es zeigte sich, dass die Herausforderungen in den verschiedenen Ländern ähnlich sind und verschiedene Anregungen konnten mitgenommen werden.
 
Im Rahmen des Rundgangs erfuhren die Teilnehmer aber auch viel Wissenswertes über die Geschichte und die historischen Baudenkmäler der Stadt. 
 Die Gemeinde war im Jahr 1722 die erste deutsche Siedlung auf dem Territorium des Erzbischofs von Kalocsa mit fast ausschließlich schwäbischen Siedlern. Ende des Jahres 1731 lebten in der Gemeinde rund 110 deutsche Familien, 1770 hatte sich die Anzahl schon verdoppelt.Zum größten Teil stammten die katholischen Auswanderer aus dem Raum Obermarchtal, Zwiefalten, Riedlingen, Mengen, Saulgau und Biberach. Aus dieser Zeit stammen Pfarrkirche und Schloss, die die Delegation besuchte.

Die Pfarrkirche St. Johannes Nepomuk wurde im Jahr 1728 im Barockstil errichtet und beherbergt eine wertvolle spätgotische Madonnenfigur, die im Jahr 1726 von einer Auswandererin von der heimatlichen Wallfahrtskirche auf dem Bussen bei Riedlingen nach Hajos mitgebracht wurde. Die Muttergottes soll während der beschwerlichen Reise nach Hajos etliche Wunder gewirkt haben, weshalb die Hajoser Kirche im Jahr 1794 von Papst Pius VI. offiziell zu einem Wallfahrtsort erklärt wurde.

Auch im 1739 fertiggestellten ehemaligen erzbischöflichen Jagdschloss Jókai erhielt die Hirrlinger Gruppe eine eindrucksvolle Führung. Das Schloss mit seiner prachtvollen Ausstattung verfiel im Lauf der Zeit und diente im 20. Jahrhundert zuletzt noch als Waisenhaus und Kinderheim. Dann wurde das Baudenkmal mustergültig unter großem Aufwand mustergültig saniert und im Herbst 2010 seiner neuen Funktion als Museum und Kulturzentrum übergeben. Die Gruppe war sich einig, dass das Schloss ein wahres Schmuckstück für Hajos darstellt.
Am Abend war die Hirrlinger Delegation zu Gast beim Stadtfest und es gab die Gelegenheit zu vielen Begegnungen und Gesprächen mit alten und neuen Bekannten und Freunden.

Am Sonntag hieß es dann schon wieder Abschied nehmen von Hajos. Nach dem Besuch der deutschsprachigen heiligen Messe, die von Pfarrer Albert Menrad, dem Wallfahrtsleiter der Bussenkirche bei Riedlingen zelebriert wurde, fuhr die Gruppe in Begleitung von Bürgermeisterin Szalczer nach Budapest. Dort führte Frau Anett Kovacs, die neben ihrer Tätigkeit bei der Hajoser Gemeindeverwaltung auch ausgebildete Fremdenführerin für Ungarn ist, die Gruppe in sehr kompetenter und zugleich unterhaltsamer Weise an die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der ungarischen Hauptstadt. So wurde das direkt an der Donau gelegene Parlamentsgebäude sowie der Heldenplatz mit seiner monumentalen Skulpturengruppe, die die über tausendjährige Geschichte Ungarns verkörpert, besucht.

Am Ende eines weiteren erlebnisreichen Tages bedankte sich die Gruppe aufs Herzlichste für die große Gastfreundschaft und Herzlichkeit, mit der die Stadt Hajos den Besuch gestaltet hatte. Bürgermeister Christoph Wild lud Bürgermeisterin Szalczer, Gemeinderat und Verwaltungsspitze zu einem Gegenbesuch in Hirrlingen zur Kirbe 2019 ein.